Alle Wasserschlaucharten haben kleine, zu Fangblasen umgewandelte Blätter. Berührt ein Wasserfloh oder anderer Zooplankter die nach außen ragenden Borsten, dann klappt der Deckel der Fangblase wie eine Falltür nach innen und saugt durch den entstehenden Unterdruck das Opfer blitzschnell ein, wo es durch Verdauungsenzyme verflüssigt und inkorporiert wird. Zumindest der Gemeine Wasserschlauch hat so große Fangblasen, dass er damit selbst kleine Kaulquappen oder Fischarven fangen kann. Daher sollte man im Fischteich auf diese Wasserschlauchart besser verzichten. Bei der Bekämpfung von Stechmückenlarven kann er im Gartenteich aber gute Dienste leisten. Wasserschlaucharten vermehren sich vegetativ über die Bildung von Überwinterungsknospen (Turionen), zum anderen über die Samenbildung in den Fruchtkapseln.
Verbreitung und Lebensraum des Wasserschlauchs
Die Gattung Urticularia umfasst mehr als 200 Arten; damit ist sie die artenreichste Gruppe fleischfressender Pflanzen (den sogenannten Carnivoren). Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt im tropischen Südamerika, weitere Arten kommen in Australien, Asien und Afrika vor. Von den europäischen Arten kommen 8 auch in Deutschland vor; alle gelten in ihrem Bestand als gefährdet, bzw. stark gefährdet, stehen aber nicht unter Naturschutz, besiedeln jedoch häufig unter Schutz stehende Gewässer, aus denen sie dann auch nicht entnommen werden dürfen. Der Gewöhnliche Wasserschlauch Urticularia vulgaris ist die bei uns häufigste Art mit Verbreitungsschwerpunkt im Flachland und in den größeren Flusstälern, wo er vor allem flache, nährstoffreiche, stehende und langsam fließende Gewässer besiedelt. Ebenfalls weitverrbeitet, wenn auch nirgends häufig ist der Kleine Wasserschlauch urticularia minor, den man vor allem im Alpenvorland in Flachmooren und auf dem Uferschlamm verlandender stehender Gewässer findet. Alle anderen Arten sind selten und ihre Bestände stark rückläufig: Der Verkannte Wasserschlauch Urticularia australis (früher neglecta) kommt noch am häufigsten im südlichen Rheingebiet und im Alpenvorland vor. Er wächst an beschatteten Stellen in Gräben, moorigen Tümpeln und Teichen. Auch der Mittlere Wasserschlauch Urticularia intermedia ist fast ausschließlich im Alpenvorland zu finden, wo er ausschließlich flache Moorgewässer besiedelt. Sehr selten sind der Blassgelbe Wasserschlauch Urticularia ochrolaeuca und der Bremis-Wasserschlauch Urticularia bremii.
Merkmale, Form und Färbung des Wasserschlauchs
Die Wasserschlaucharten fallen unter den Wasserpflanzen durch ihr ungewöhnliches Äußeres auf. Sie haben nämlich weder echte Wurzeln, noch sind sie strenggenommen in Spross und Blätter differenziert. Auch ihre zu Insekten- und Planktonfallen umgewandelten Fangblasen sind selbst unter fleischfressenden Pflanzen außergewöhnlich. Diese Fangblasen arbeiten nach dem Saugfallenprinzip: Die Blase ist durch eine Klappe verschlossen, von der einige feine Borsten nach außen ragen. Wasserflöhe und kleinere Wasserinsekten, z.B. Stechmückenlarven, werden mit chemischen Stoffen angelockt. Sobald die Opfer eine der Borsten berühren, klappt die Falltür nach innen und die Beute wird mit dem einströmenden Wasser durch den entstehenden Unterdruck eingesaugt. Das dauert nicht länger als eine zweitausendstel Sekunde. Dann schließt sich die Fangblase wieder. Die Drüsen in der Fangblase scheiden verschiedene Verdauungsenzyme aus und lösen die Beute langsam auf. Nebenher wird das in die Falle eingedrungene Wasser wieder abgepumpt und so bildet sich ein neuer Unterdruck, mit dem das nächste Opfer bereits nach 15 Minuten wieder eingesaugt werden kann. Große Wasserschlauarten sollen sogar auf diese Weise Kaulquappen erbeuten können. Hauptbeute sind aber Wasserflöhe, Rädertierchen und andere Zooplankter.
Der Gewöhnliche Wasserschlauch Urticularia vulgaris bildet 30 bis 100cm lange, flutende Stängel mit 2- bis 3-fach gefiederten Blättern mit sehr feinen, abstehenden Blattzipfeln aus. Aus einigen dieser Blattzipfel haben sich bis zu 4,5mm lange, rötlich gefärbte Fangblasen entwickelt. Diese Fangschläuche sind durch eine Klappe verschlossen, die sich wie eine Falltür nur nach innen öffnen lässt. Die leuchtend gelben Blüten stehen traubenförmig an bis zu 30cm über die Wasserfläche hinausragenden Stängeln. Die Blütenkronen werden bis zu 2cm groß; ihre goldgelbe Oberlippe ist flach und nur wenig länger als der rötlich gestreifte Gaumen. Unter der sattelförmigen Unterlippe liegt ein kurzer, nach vorne gebogener Sporn. Nach der Blüte bildet sich eine runde Fruchtkapsel, die zahlreiche Samen enthält. Die Blütezeit fällt ? je nach den klimatischen Rahmenbedingungen ? in die Monate Juni bis September.
Der Kleine Wasserschlauch Urticularia minor ist wesentlich zarter gebaut und bleibt mit Stängellängen zwischen 8 bis maximal 50cm Länge auch meist wesentlich kleiner. Er bildet eine im flachen Wasser über dem Boden kriechende Sprosse, die sich im schlammigen Untergrund verankert, stellenweise wächst er sogar auf feuchtem Boden oberhalb der Wasserlinie. Seine nicht mehr als 2cm langen Blätter teilen sich in mehr als 20 Zipfel auf, von denen bis zu 7 zu Fangblasen umgewandelt sind. Die hellgelben Blüten werden nicht mehr als 8mm groß; Kennzeichen dieser Art ist, dass die Unterlippe der Blüte doppelt so lang ist wie der Gaumen der Oberlippe. Auch diese Wasserschlauch-Art blüht zwischen Juni und September.
Der Verkannte Wasserschlauch Urticularia australis fällt vor allem durch seine im Verhältnis zur Pflanze großen, leuchtend gelborange gefärbten Blüten auf, die einzeln oder in lockeren Trauben an bis zu 60cm hohen Stängeln stehen. Im Mitteleuropa bildet diese Art allerdings keine Früchte, vermehrt sich also ausschließlich vegetativ. Der verkannte Wasserschlauch treibt meist als untergetauchte, wurzellose Pflanze im Wasser.
Der Mittlere Wasserschlauch Urticularia intermedia bildet im Flachwasser bis zu 50cm lange, dicht am Boden kriechende Stängel. Seine Blätter sind besonders stark zerschlitzt. Fangblasen bildet diese Art nur an den fadenförmigen, farblosen Schlammsprossen, mit denen sie im Gewässergrund Halt sucht. An den Blüten fallen vor allem die lange Unterlippe und der braun gestreifte Gaumen auf.
Pflege des Wasserschlauchs im Gartenteich
Den großen Gemeinen Wasserschlauch kann man auch zur Bekämpfung der Stechmückenlarven im Gartenteich einsetzen. Dazu reichen 4 Pflanzen pro qm Wasserfläche. Im Fischteich sollte man zumindest auf den Gemeinen Wasserschlauch Urticuluria vulgaris verzichten, denn mit seinen großen Fangblasen kann er auch bis zu 4mm große Fischlarven einsaugen. Im Spätherbst bildet der Wasserschlauch Dauerknospen, sogenannte Turionen, die zu Boden sinken, während sich der übrige Pflanzenkörper allmählich auflöst. Im Frühjahr steigen diese Turionen wieder zur Wasseroberfläche empor und aus jeder dieser Überwinterungsorgane bildet sich eine neue Pflanze. Urticularia vulgaris wurzelt nicht im Boden, sondern wird durch Wind und Wasserbewegung in den Uferbereich des Gartenteichs getrieben. Auch der Kleine Wasserschlauch Urticularia minor verankert sich nicht im Teichgrund. Er eignet sich bereits für Wassertiefen von 5cm und kommt deshalb auch für einen Miniteich infrage. Wenn man einen Wasserschlauch vorsichtig aus dem Wasser hebt, kann man ein ganz leises Klicken vernehmen, welches durch das Schließen der Fangblasendeckel verursacht wird. Der Gemeine Wasserschlauch ist relativ tolerant, was die Wasserverhältnisse angeht. Die anderen Arten gedeihen eher in kalkarmem bis kalkfreiem Wasser.
Vermehrung des Wasserschlauchs
Einheimische Wasserschlaucharten vermehren sich zum einen vegetativ über die Bildung von Überwinterungsknospen (Hibernalien oder Turionen genannt), aus denen im Frühjahr neue Tochterpflanzen entstehen, zum anderen geschlechtlich über die im Sommer in den aus den Blüten hervorgegangenen Fruchtkapseln gebildeten Samen, die vor allem über das Wasser verbreitet werden. Beides gelingt von selbst ohne Zutun des Gartenteichbesitzers. Vielmehr ist es so, dass sich die Wasserschlauchpflanzen im Sommer so stark vermehren, dass sie oft bald den ganzen Teich zuwuchern. Sie dann zu entfernen, ist schwierig, da sie sich mit ihren fein verzweigten Blättern in Algenbüscheln, Moos- und anderen Wasserpflanzenpolster verhaken.